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Siegfried Mazagg (1902–1932) – Interpret der frühen Moderne in Tirol (1902–1932) / Bettina Schlorhaufer & Joachim Moroder

30.09.2013

Siegfried Mazagg war ein Tiroler Architekt, Zeichner und Karikaturist, dessen Werk es noch zu entdecken gilt. Der Zeitgenosse von Clemens Holzmeister, Lois Welzenbacher und Franz Baumann plante Einfamilienhäuser, befasste sich mit dem Thema der „Wohnung für das Existenzminimum“, realisierte öffentliche Gebäude und schuf Schlüsselwerke auf dem Gebiet des Tourismusbaues. In diesem Bereich verwirklichte er Projekte, die in Bezug auf die Durchdringung von Architektur und alpiner Landschaft bis heute unübertroffen sind.

Mazagg wurde in Pfalzen in Südtirol geboren, seine Familie lebte aber spätestens ab dem Ende des Ersten Weltkriegs in Innsbruck. Er besuchte die Staatsgewerbeschule, Abteilung Baufach, wo für kurze Zeit Clemens Holzmeister (1886–1983) und Lois Welzenbacher (1889–1955) seine Lehrer waren. Nach seiner Schulzeit unternahm er Anfang der 1920er-Jahre den Versuch, als bildender Künstler in Tirol Fuß zu fassen, scheiterte jedoch in den Augen der damaligen Kritik. Unmittelbar danach gelang es Mazagg jedoch, sich als junger Architekt einen Namen zu machen und sich in Wettbewerbsverfahren gegen so prominente Mitbewerber wie Clemens Holzmeister, Lois Welzenbacher und Franz Baumann durchzusetzen. Dabei handelte es sich um ein informelles Verfahren für die Gestaltung der Hochbauten des Achenseekraftwerks in Jenbach (1926, noch als Mitarbeiter der Baufirma Innerebner & Mayer) und ein später nicht verwirklichtes Projekt für ein Hotel auf der Seegrube (1927). Als freischaffender Architekt erlangte Mazagg bald den Ruf eines der hoffnungsreichsten Talente in der österreichischen Architekturszene zu sein. Zu seinen wichtigsten Projekten zählen Tourismusbauten wie der Umbau des Hotels Alpenhof in Pertisau am Achensee (1929), das Hotel Berghof in Seefeld in Tirol (1929/1930), der Wiederaufbau des Hotels Mariabrunn in Innsbruck nach einem Brand (1931/1932) und die Pension Bergheim in Berwang (1932). In Verbindung mit diesen Aufträgen entwarf er auch umfassende Konzepte für die Einrichtung von Hotelhallen, Speisesälen, Bars etc., die von der Gestaltung der Räume bis zum Mobiliar und zur Beleuchtung reichten.

In seinem Schaffen orientierte sich Mazagg sowohl am österreichischen Heimatschutz als auch an den neu aufkommenden Strömungen der 1920er-Jahre. Ohne „baukulturelle Bedenken“ (Friedrich Achleitner) gelang es ihm, die in ästhetischen Fragen reaktionären Forderungen des Heimatschutzes mit der neuen Formensprache der klassischen Moderne einheitlich zu verbinden. Seine konservative Grundhaltung schränkte seine Interpretationslust nicht ein und er war im Unterschied zu vielen anderen Architekten in der Region vor allem über die Entwicklungen am Bauhaus gut informiert. Als Beispiel dafür können seine früh entstandenen Entwürfe für Stahlrohrmöbel in Hotels und Privatwohnungen gelten, die internationale Vergleiche nicht zu scheuen brauchen. Leider konnte Mazagg seine Anfänge als talentierter „Interpret der frühen Moderne“ nicht zu einem reifen, eigenständigen Werk ausformen. Mit erst dreißig Jahren starb er bei einem Autounfall in Innsbruck.

Die Monografie „Siegfried Mazagg – Interpret der frühen Moderne in Tirol“ (Springer Wien New York) enthält nicht nur eine wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung von Leben und architektonischem Werk Siegfried Mazaggs mit Gesamtwerkverzeichnis, sondern geht auch auf sein bemerkenswertes Schaffen als Karikaturist ein. Seine satirischen Darstellungen wurden teilweise publiziert, z. B. anlässlich der Fertigstellung des Achenseekraftwerks in Jenbach, oder haben sich in Form von „fliegenden Blättern“ in den Chroniken des Alpinen Klubs Karwendler Innsbruck erhalten – einer Vereinigung von begeisterten Alpinisten, der Mazagg über mehrere Jahre angehörte.

 

Die Monografie „Siegfried Mazagg – Interpret der Moderne in Tirol erscheint im März 2013 bei Springer Wien New York zum Preis von € 59,90 und enthält Textbeiträge von Bettina Schlorhaufer, Bea Fröis, Friedrich Kurrent, Wolfgang Meixner und Joachim Moroder sowie ca. 530 teils farbige Abbildungen. Der Band bietet nicht nur eine wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung von Leben und architektonischem Werk Siegfried Mazaggs mit Gesamtwerkverzeichnis, sondern geht auch auf sein bemerkenswertes Schaffen als Karikaturist ein. ISBN: 978-3-7091-1455-1

 

http://www.springer.com/architecture+%26+design/architecture/book/978-3-7091-1455-1

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